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  n:
  Teil 2: Aspekte der kindlichen Entwicklung
    Die Situation des Säuglings - seine Bedürftigkeit
    Zur Situation des Kindes - Bedeutung der ersten Beziehungsperson
   
  Von Dr. J. Schmid
       
  Teil 1   Teil 2   Teil 3       Gesamter Bericht als pdf zum Download
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Die Situation des Säuglings - seine Bedürftigkeit

Im folgenden sollen einige entwicklungspsychologische Aspekte zur Persönlichkeitsentwicklung des Kindes angeführt werden. An dieser Stelle soll jedoch zuerst der Gesichtspunkt der personalen Auffassung des Menschen hervorgehoben und im Bezug auf die Situation des Säuglings und seine Entwicklung veranschaulicht werden. Zunächst: Was gehört wesentlich zu einem personalen Verständnis des Menschen?


Drei Aspekte sind hier anzuführen:

1. Die Aktivität des Menschen sein Streben, Wollen und sein Tun muss als von einer individuellen Persönlichkeit ausgehend verstanden werden. Es sind nicht Reize einer Aussenwelt, die den Menschen mechanisch zu einer Reaktion zwingen, und es sind auch nicht Impulse eigenständiger, unabhängiger Triebe oder Bedürfnisse, die den Menschen zu seinem Handeln nötigen. Sondern: Dem Menschen kommt eine Eigenaktivität, eine schöpferische Komponente zu, mit der er die Eindrücke der Umwelt oder die eigene Befindlichkeit wahrnimmt, sie in individueller Weise verarbeitet und auf die er ebenso individuell antwortet.

2. Die menschliche Persönlichkeit muss als eine leib-seelische Einheit erkannt werden. Auch wenn man Differenzierungen innerhalb des Psychischen vornimmt z.B. zwischen Gefühl und Verstand, so muss man sich darüber im klaren sein, dass es sich dabei um untrennbare Facetten der individuellen Persönlichkeit eines Menschen handelt.

3. Die personale Auffassung des Menschen ist schliesslich dadurch gekennzeichnet, dass sie den Beziehungen eines Menschen zu anderen Menschen eine entscheidende Bedeutung beimisst. Für ein psychologisches Verständnis der menschlichen Persönlichkeit kann der soziale Bezug nicht ausgeklammert werden. In gewisser Weise lässt sich sagen, dass die Persönlichkeit das Gesamt der sozialen Stellungnahme eines Menschen ist: Sie umfasst eine gefühlsmässig und rational verankerte Auffassung von sich, von den Mitmenschen und davon, wie der einzelne am besten in und mit seiner sozialen Umwelt leben kann. Menschen begegnen sich nicht als Triebobjekte des jeweils anderen, auch nicht als Reizauslöser, sondern als Persönlichkeiten, die sich mit ihrer jeweiligen Eigenart in Beziehung zu einander begeben. Die Entwicklung persönlicher Beziehungen ist für den Menschen typisch: In persönlichen Beziehungen - in Freundschaften oder in der Familie - findet der Mensch die ihm eigenen Lebensanforderungen und Möglichkeiten zur Entwicklung seiner Persönlichkeit.

Es sind diese drei Aspekte die Eigenaktivität, die Einheit der Persönlichkeit und der soziale Bezug , die das personale Verständnis des Menschen kennzeichnen und die mit Notwendigkeit zu der Erkenntnis führen, dass jeder Mensch eine einzigartige und individuelle Persönlichkeit ist.
Wenden wir uns nun dem Neugeborenen und dem Säugling zu. Ist die personale Auffassung des Menschen auch für ein neugeborenes Kind, für einen Säugling zutreffend und anwendbar? Inwiefern erlauben es die entwicklungspsychologischen Erkenntnisse bei einem erst wenige Tage alten Menschen von einer Person zu sprechen, während er seine Persönlichkeit ja gerade erst zu entwickeln beginnt?
Noch vor wenigen Jahrzehnten war unter Psychologen die Auffassung vorherrschend, dass der Säugling lediglich schemenhaft zwischen hell und dunkel unterscheiden könne, dass er ein völlig passives und in sich abgeschlossenes Wesen sei mit sich selbst und seinem Dösen zufrieden, dass er sich nur dann unkoordiniert regt und irgendwie nach "aussen" wendet, wenn er innerliche Schmerzen oder Hunger und Durst empfindet. So verglich Sigmund Freud den Säugling beispielsweise mit dem werdenden Küken in einem Vogelei, das zu seinem Glück alles in seiner Schale vorfinde und nur etwas Wärme von aussen brauche.
Die moderne Entwicklungspsychologie hat diese Auffassung jedoch grundlegend korrigiert. Exemplarisch sollen aus der Fülle der Ergebnisse einzelne herausgegriffen werden:
In einem Experiment wurden erst wenige Wochen alte Säuglinge mit folgender Apparatur konfrontiert. Sie lagen in einem Bettchen und hatten einen Schnuller im Mund. Der Schnuller war von besonderer Art und mit einem Diaprojektor verbunden, so dass jede Saugbewegung an dem Schnuller die Schärfe eines auf eine Leinwand projizierten Bildes verändern konnte. Ausgangslage war ein unscharf eingestelltes Bild. Begann das Baby an dem Schnuller zu saugen, wurde das Bild schärfer. Die Babies merkten schnell den Zusammenhang zwischen Saugen und Bildschärfe. Am auffälligsten war jedoch die sichtliche Freude, mit der die Babies die Apparatur bedienten. Sie juchzten und glucksten und zeigten eine ausserordentliche Ausdauer im "Scharf-Saugen" von Bildern.
In der Entwicklungspsychologie hat sich für dieses Phänomen der Begriff des Kontingenzerlebens etabliert: das Kind erlebt, dass seine Aktivität in einem kausalen und zeitlichen Zusammenhang zu einem äusseren Phänomen steht. Dieses Erleben ist für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes von zentraler Bedeutung. Der Säugling erlebt unablässig seine eigene Wirkung auf die Menschen und Dinge seiner Umgebung. Dabei macht der Säugling eigene Erfahrungen, entwickelt seine Fähigkeiten und erlernt individuelle Möglichkeiten, sie zu gebrauchen. Schon hier wird deutlich, dass nur die personale Auffassung und nicht triebreduktionistische oder Reiz-Reaktions-Schemata dem Kind gerecht werden können: Vom ersten Tage an beginnt sich das Kind mit eigener Aktivität in die Welt hineinzutasten und sich dabei als ein individuelles Wesen zu empfinden.
Die Notwendigkeit eines personalen Verständnisses des Menschen wird jedoch noch offensichtlicher, wenn man den dritten Aspekt, den der sozialen Bezogenheit, bei einem Neugeborenen oder Säugling untersucht.
Vertreter einer Triebtheorie oder einer Reiz-Reaktions-Theorie übersehen in der Regel nicht die Tatsache, dass der Säugling auf den sozialen Kontakt zu anderen Menschen angewiesen ist. Doch sind sie der Auffassung, dass für einen Säugling der andere Mensch lediglich eine Nahrungsquelle oder ein Reizauslöser sei, der vom Säugling jedoch nicht als Mensch wahrgenommen werden könne.
Auch hier hat die moderne Entwicklungspsychologie mit ihren Forschungen zur Kleinkindzeit und zur Mutter-Kind-Interaktion zu einer anderen, genaueren Sicht der Dinge verholfen. In kurzen Worten seien einige Ergebnisse zusammengefasst:
Der Säugling ist vom ersten Tag an in der Lage, einen Menschen von einem Ding zu unterscheiden. Er hat dabei eine besondere Präferenz, eine Vorliebe, für jene Eigenschaften des menschlichen Aussehens, die mit der Kommunikation verbunden sind: für die Augen, den Mund und auch für die menschliche Stimme. Er ist in der Lage mimische Ausdrücke zu erkennen, zu unterscheiden und sie sogar nachzuahmen. Die Nachahmungsfähigkeit eines erst wenige Tage alten Säuglings ist erstaunlich: Bedeutet sie doch Bewegungen eines anderen Menschen in entsprechender Weise mit eigenen Bewegungen zu wiederholen. Dies ist ein Beleg von vielen für die Tatsache, dass der Mensch von Natur aus auf die Begegnung mit anderen Menschen vorbereitet ist.

Erweitert man die Betrachtung des Säuglings auf seine zwischenmenschlichen Kontakte mit der Mutter und anderen wichtigen Bezugspersonen, lassen sich weitere Tatsachen festhalten. Die Mutter, oder - das gilt auch für die folgenden Ausführungen - eine andere beständige Bezugsperson, schafft im Alltag des Säugens, Pflegens und des Herumtragens des Babies immer wieder kurze oder längere Situationen, in denen sie sich dem Kind zuwendet, mit ihm in einer liebkosenden Weise spricht. Jeder Mensch kann an sich beobachten, dass er im Beisammensein mit einem Säugling unwillkürlich in eine "andere Gangart" verfällt: er schaut dem Baby lange und mit grossen Augen ins Gesicht, er zeigt eine überdeutliche Mimik, meist ein Lächeln mit deutlichem Aufforderungscharakter, und - am auffälligsten - er verfällt in einen eigentümlichen "Singsang", etwa: "Na, du bist aber ein grosses Baby! Na, duuuu bist ein grosses Baby! !" Interessanterweise ist solch ein Dialekt weltweit in jedem Kulturkreis anzutreffen. Die Entwicklungspsychologie geht deshalb von einem in der menschlichen Natur verankerten Potential aus, das Menschen zur Gestaltung von Kontakten mit ihren Nachkommen nutzen können.

Dabei ist jedoch anzumerken, dass in der menschlichen Natur in der Regel nur solche Verhaltensweisen biologisch verankert zur Verfügung stehen, die - wie zum Beispiel Reflexe - eine besondere, lebenswichtige Bedeutung haben.
Aber worin liegt der besondere Wert, mit einem Säugling auf diese Weise zu kommunizieren? Betrachtet man sich die Interaktionen einer Mutter mit ihrem Kind in ganz feinen, sekundenbruchteilen langen Schritten, so ist folgendes auffällig: Die Mutter ist sehr aufmerksam auf jede Aktivität ihres Babies. Ganz selbstverständlich spricht die Mutter mit ihrem Kind, als könne es bereits ihre Worte verstehen, während die Mutter ihrerseits jede Äusserung, jede Geste des Kindes in ihrem gefühlsmässigen Gehalt und in ihrer absichtsvollen Bedeutung zu verstehen versucht. Gesten und Laute des Kindes werden häufig von ihr aufgegriffen und in verlangsamter Art und Weise von ihr imitiert. Ihre eigenen Äusserungen sind im Vergleich zu normalen Erwachsenengesprächen verlangsamt und deutlicher strukturiert, und zwischen ihren Äusserungen macht die Mutter längere Pausen. Insgesamt bietet die Mutter dem Kind eine zwischenmenschliche Situation an, in der das Kind laufend Angebote zu einem mimischen und akustischen Dialog bekommt und beständig auf seine Aktivitäten hin ein persönliches Echo erfährt.
Hier sei an das eingangs geschilderte Kontingenzerleben des Säuglings erinnert. Diese Fähigkeit des Säuglings, einen Zusammenhang zwischen eigenen Aktivitäten und Ereignissen in der Umwelt zu erkennen und diese Erkenntnis anschliessend zielgerichtet anzuwenden, scheint von Natur aus auf die zwischenmenschliche Situation in besonderer Weise ausgelegt zu sein. So ist erkennbar, dass der Säugling sehr schnell lernt, mit eigenen, kleinen Bewegungen steuernd auf die Interaktion Einfluss zu nehmen. Mit dem Ab- oder Hinwenden des Kopfes, mit einem eigenen Lächeln oder Laut, wird das Baby in einer Weise aktiv, die von dem feinfühligen Gegenüber als Signal z.B. für die Aufnahme oder Beendigung eines spielerischen Miteinanders verstanden wird. Jedes Mutter-Kind-Paar entwickelt innerhalb weniger Wochen ein einzigartiges Wechselspiel von Blicken, Gesten und Lauten. Und schon zu dieser Zeit haben die meisten Mütter den Eindruck, dass ihr Kind als eigenständiges Wesen sich ihnen mitteilen will.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Neugeborene auf die soziale Begegnung mit einem anderen Menschen vorbereitet ist. Das emotionale Wechselspiel, das sich zwischen ihm und seiner Mutter in den ersten Monaten entwickelt, fördert das Erleben der eigenen Identität und Wirkung des Säuglings.
Darüber hinaus ist den entwicklungspsychologischen Forschungsergebnissen zu entnehmen, dass diese Interaktionen zwischen Mutter und Kind auch für die weitere Persönlichkeitsentwicklung des Kindes von Bedeutung sind.
Dieser Zusammenhang ist in den vergangenen Jahrzehnten besonders von der sogenannten Bindungsforschung, basierend auf den Arbeiten der Psychologen John Bowlby und Mary Ainsworth, untersucht worden. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die gefühlsmässigen Wechselspiele von Mutter und Kind nicht nur für den Moment von Bedeutung sind, sondern dass sich aus ihnen heraus eine dauerhafte, gefühlsmässige Bindung des Kindes zu seiner ersten Bezugsperson entwickelt. Der Säugling hat spätestens im Alter von ungefähr einem Jahr eine intensive, mehr oder weniger vertrauensvolle, persönliche Beziehung zu seiner Mutter aufgebaut, die selbst dann eine tragende und stützende Wirkung für das Kind haben kann, wenn die Mutter eine Weile nicht in seiner Nähe ist.
Diese über die Gegenwart hinausreichende Wirkung der Mutter-Kind-Beziehung wird von den Bindungsforschern damit erklärt, dass sich das Kind im Laufe der ersten Lebensmonate aus der unendlichen Fülle von stattgefundenen Wechselspielen mit der Mutter allmählich eigene, innere Annahmen, innere Vorstellungen geschaffen hat.
Aus dem kontinuierlichen Hin und Her mit der Mutter gewinnt das Kind allmählich ein gefühlsmässig getöntes Bild davon, wer es selbst ist, wer die Mutter ist und wie es an der Beziehung mit der Mutter Anteil hat. Diese inneren Repräsentanzen erhalten dabei auch eine Funktion für die Zukunft, insofern das Kind auch in neu entstehenden Situationen mit der Mutter oder mit anderen Menschen auf diesem inneren Bild aufzubauen versucht. Die Bindungsforschung spricht deshalb von einem "inneren Arbeitsmodell", das das Kind aus der Beziehung mit seiner Bezugsperson heraus allmählich formt. Dieses innere Arbeitsmodell hat gefühlsmässigen Charakter und beinhaltet eine Einschätzung über das Vermögen, Probleme lösen zu können, über den eigenen Selbstwert, als auch über die Zuverlässigkeit und Hilfsbereitschaft der Mitmenschen. Mit diesem Selbst- und Menschenbild und mit der erlernten Art und Weise, sich in den zumeist zwischenmenschlichen Situationen des Lebens zu verhalten, tritt das Kind an jede neue Lebenssituation, an jede neue Beziehungsaufnahme zu anderen Menschen heran.
So zeigt sich, dass bereits einjährige Kinder in diesem Sinne etwas entwickelt haben, das durchaus als Grundstein der Persönlichkeit angesehen werden kann.


Zur Situation des Kindes - Bedeutung der ersten Beziehungsperson

Wie dargelegt wurde, ist der soziale Bezug für den Säugling lebensnotwendig und er ist auch gleich nach der Geburt in der Lage, mit den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten das soziale Geschehen mitzugestalten. Das soziale Umfeld ist in gewisser Weise dazu aufgerufen, den biologischen Voraussetzungen Rechnung zu tragen, das soziale Umfeld muss also auf die weiter oben beschriebenen Bedürfnisse und Eigenarten des Säuglings adäquat eingehen. Sie (die biologischen Voraussetzungen) implizieren gleichsam ein "Sollen" an das soziale Umfeld. In diesem Sollen liegt auch der ethische Aspekt der Erziehung begründet.

Schon in den zwanziger Jahren hat Alfred Adler auf diese aktiven Fähigkeiten des Säuglings aufmerksam gemacht, und auf ihre Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung hingewiesen. Es ist die Aufgabe der ersten Beziehungsperson, diesen Bedürfnissen des Kindes entgegenzukommen, indem sie eine intensive, von emotionaler Zuwendung getragene Beziehung mit dem Kind aufbaut. Durch ein einfühlsames und feinfühliges Aufgreifen seiner Aktivitäten und Signale vermittelt sie dem Säugling ein Gefühl der Geborgenheit und verstärkt und vertieft so das Interesse des Säuglings an einem "Du". Das Kind übt sich so in seiner Beziehung zur Mutter und entwickelt im positiven Fall eine immer intensivere Verbundenheit mit ihr. Die Art und Weise, wie die Mutter beispielsweise ihr Kind liebevoll beobachtet, wie sie mit ihm spricht, wie sie es badet oder füttert, wie sie auf seine Äusserungen eingeht, hängt von ihrer Geschicklichkeit, ihrem Wissen um die Bedürftigkeit des Säuglings wie auch von ihrer jeweiligen Lebenssituation ab und entscheidet darüber, wie weit bei jeder einzelnen Beziehungsaufnahme diese positive Verbundenheit gefestigt wird.
Kommt die positive Verbundenheit in ausreichendem Masse zustande, so sind die Voraussetzungen dafür gegeben, dass das Kind die Bezugsperson als Freund erlebt, die ihm Achtung, Wohlwollen und Anerkennung seiner noch kleinen Person entgegenbringt. So kann es sich positiv mit ihr identifizieren, was später oft schon an der Körperhaltung beobachtet werden kann, die derjenigen des Vaters oder der Mutter gleicht. Auf diesem Boden entwickelt es eine gefühlsmässig verankerte positive Grundhaltung gegenüber dem Menschen im allgemeinen; so sind auch die Voraussetzungen dafür geschaffen, um Mitgefühl gegenüber anderen zu entwickeln, um von anderen lernen zu können, und um später auch Freundschaften anknüpfen zu können. Auch die spätere Liebesfähigkeit findet hier ihren Anfang. Diese emotional positive Ausrichtung zum Menschen ist Grundlage und Voraussetzung für eine sich entwickelnde Wertebildung.
Nachdem eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Mutter und Kind entstanden ist, steht die Mutter vor einer weiteren wichtigen Aufgabe, nämlich, das Interesse des Kindes auch auf Vater und Geschwister auszudehnen, später auch auf Nachbarskinder und auf den Mitmenschen im allgemeinen. Die Mutter trägt damit eine Richtung in die Beziehung hinein, denn das Kind muss zum Leben in der Gemeinschaft und Gesellschaft angeleitet werden. Sie vermittelt ihm schrittweise neue Aspekte seiner Umgebung und achtet darauf, welche Schlüsse das Kind aus allen Eindrücken zieht. Auf der Grundlage einer sicheren Beziehung wird sich das Kind auch an ihrer Haltung und Lebenseinstellung orientieren, denn ob er es will oder nicht, ist der Erzieher ein Vorbild für das Kind. Es wächst also an der Persönlichkeit der Eltern. Es lehnt sich ans Vorbild an, beobachtet sehr genau, welche Werte im Leben entscheidend sind, wie die Eltern ihr Leben gestalten und wie sie ihre soziale Verantwortung wahrnehmen.

Am Vorbild der Mutter, des Vaters und auch des näheren sozialen Umfeldes entwickelt sich das Kind zu einem Mitspieler . Seine aktive und gefühlsmässige Verbundenheit wird immer stärker, seine Möglichkeiten zur Beziehungsgestaltung werden reichhaltiger. So lernt das Kind unter der Anleitung seiner Bezugspersonen die Umwelt kennen und wird in alle Bereiche des Lebens eingeführt. Diese Einführung in die Gemeinschaft wird begünstigt durch die natürliche Lernfreude des Kindes, das möglichst rasch über seine anfängliche Hilflosigkeit hinauswachsen und am liebsten auch schon so viel können möchte wie die "Grossen". So möchte es zum Beispiel den Hammer des Vater in die Hand nehmen, um einen Nagel in die Wand zu schlagen, wie es dies beim Vater gesehen hat. Oder es nimmt den Staubwedel zur Hand und wischt damit über die Bücher. Es liegt nun an den Erziehern, ob sie diese ersten Versuche als unbeholfen zurückweisen, oder sie als Beitrag des Kindes zum Familienleben verstehen und diese Bemühungen unterstützend aufgreifen. In diesem Fall lernt das Kind schon früh mitzutun, mitzudenken, mitzufühlen und lernt so die Aufgaben, die das tägliche Leben stellt, durch konstruktives Mittun kennen und in ersten Ansätzen bewältigen.

Achtet die Bezugsperson darauf, dass das Kind ein wachsendes Interesse an Vater und Geschwister, später an den Personen seiner Umgebung bekommt, so wird es früh zum Mitspieler. Es wird sich bald heimisch fühlen und jenen Mut und jene Zuversicht entwickeln, die ihm aus dem Kontakt mit der Umgebung erwachsen. Durch diese Verbundenheit mit seinen Bezugspersonen lernt das Kind ihre Anliegen verstehen und trägt im Rahmen seiner Möglichkeiten zum Ganzen bei. Durch aktives Mittun, Kooperation und Anleitung im Kreis der Familie integriert das Kind die Normen und Werte seiner Umgebung, die zu richtungsgebenden Idealen für seine Persönlichkeitsentwicklung werden.
Zusammenfassend lässt sich mit Adler sagen: "Aufgrund der körperlichen Unreife des Kindes ist Erziehung eine unabdingbare Notwendigkeit, und das Erziehungsziel ergibt sich aus der Tatsache, dass die Überwindung der kindlichen Unreife nur durch das hineinwachsen in das Beziehungsfeld der Gruppe gelingen kann. Erziehung muss notwendigerweise einen sozialen Zweck verfolgen." 1 Erziehung beinhaltet daher: Förderung von Selbstvertrauen und Mut, Achtung vor dem Mitmenschen, Mitgefühl, Interesse, Einfühlungsvermögen, Kooperationsfähigkeit, Übernahme von Verantwortung, Liebesfähigkeit, Hilfsbereitschaft, Eigenständigkeit, Fähigkeit zu gewaltfreien Konfliktlösungen und Toleranz. All das hat Alfred Adler unter dem Begriff des Gemeinschaftsgefühl umschrieben.

1. Adler, Alfred: Kindererziehung. Frankfurt a. Main, 1976, S. 69.











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